BIM und die HOAI 202X – (geplante) Änderungen der HOAI und anderer Regelwerke

Digitale Planungsmethoden verändern nicht nur die Arbeitsweise von Architekt*innen und Ingenieur*innen, sie haben auch Einfluss auf bestehende juristische Regelwerke. Änderungen sind vor allem mit der geplanten Novelle der Honorarordnung für Architekt*innen und Ingenieur*innen (HOAI) zu erwarten. Daneben brachte das Jahr 2023 geringfügige Anpassungen der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil C (VOB/C). 
 

HOAI-Novelle 202X

Am 17. Januar 2024 hat das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) das Gutachten zur Evaluierung der Planungsbereiche der HOAI veröffentlicht. Nach den Feststellungen der Gutachter*innen sei in Anbetracht der fortschreitenden Digitalisierung der Planungswelt sowie sich aufgrund von Themen wie Nachhaltigkeit und Klimaschutz verschiebender Prioritäten im Planungsprozess eine Überarbeitung der Vorschriften der Honorarordnung angezeigt. Dementsprechend beinhaltet das Gutachten diverse Änderungsvorschläge, welche auch das Thema Building Information Modelling (BIM) betreffen. Daneben schlagen die Gutachter*innen u.a. Neuerungen zum Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz vor. Insgesamt konzentriert sich das Gutachten auf die Evaluierung der Leistungsbilder der HOIA. Honorarfragen sind hingegen nicht Gegenstand der Begutachtung, sondern bleiben einem separaten Gutachten vorbehalten.

In Bezug auf digitale Planungsmethoden soll nach den Vorschlägen der Gutachter in § 2 HOAI die folgende Definition von BIM aufgenommen werden:
 

„Building Information Modeling (BIM) bezeichnet bei Flächen-, Objekt- und Fachplanungen eine kooperative Arbeitsmethode mit digitalen und elementbasierten Modellen. Dazu werden in verschiedenen Detaillierungsstufen Geometrien und Informationen digital abgebildet und über eine gemeinsame Datenumgebung zwischen den Beteiligten ausgetauscht.“
 

Daneben soll die HOAI 202X einen neuen Regelprozess BIM etablieren (§ 3 Abs. 3 sowie Anlage 1), welcher Grund- und Besondere Leistungen umfasst. Insofern schlagen die Gutachter*innen vor, Regelungen zur Digitalisierung und BIM aus den vorhandenen Leistungsbilder herauszunehmen und zentral im Regelprozess festzuschreiben. Allerdings soll der Regelprozess die Grundleistungen verschiedener Leistungsbilder der HOAI lediglich modifizieren und nicht separat beauftragt werden können. Der Regelprozess BIM als neue Anlage 1 definiert folgende Grundleistungen:

  • das Mitwirken bei der Erarbeitung und Fortschreibung eines BIM-Abwicklungsplans
    (BAP) auf der Grundlage von Auftraggeber-Informationsanforderungen (AIA),
  • das Nutzen einer bereitgestellten gemeinsamen Datenumgebung zum Austausch der Informationen und Ergebnisse,
  • die durchgängige Planung des Objektes anhand von Fachmodellen als grundlegende Informationsträger in einer der Leistungsphase entsprechenden, geometrischen und alphanumerischen Planungstiefe,
  • das Mitwirken bei der technischen Zusammenführung und technischen Abstimmung der Fachmodelle der an der Planung fachlich Beteiligten zu Koordinationsmodellen und
  • das Ableiten von zur Planung erforderlichen Informationen und Ergebnissen, wie zum Beispiel alphanumerischen Daten, Mengen, Flächen-, Raum- oder Bauteillisten, sowie von 2D-Plänen im Wesentlichen aus den Fachmodellen.
     

Zudem nennt der Regelprozess BIM die folgenden Besonderen Leistungen:

  • Mitwirken beim Erstellen von Auftraggeber-Informationsanforderungen (AIA)
  • Koordination der Erarbeitung und Fortschreibung eines BIM-Abwicklungsplans (BAP)
  • Einrichten und Betreiben einer gemeinsamen Datenumgebung
  • Erstellen eines digitalen Bedarfsmodells mit Programm- und Raumanforderungen
  • Aufmaß zur Überführung in ein digitales Modell
  • Erstellen eines digitalen Bestandsmodells
  • Bereitstellen von technisch bereinigten Fachmodellen in einem über die Anforderungen des Planungsablaufs hinausgehenden Turnus
  • Erstellen von digitalen Modellen mit einem erhöhten Detaillierungsgrad oder nach besonderen Anforderungen hinsichtlich Attribuierung, Datenstruktur oder Bearbeitungssoftware
  • Aufbereiten von digitalen Modellen zur Visualisierung nach besonderen Anforderungen
  • Prüfen von digitalen Modellen an der Planung fachlich Beteiligter auf Einhaltung der formalen Anforderungen zur Modellierung, insbesondere aus AIA und BAP
  • Aufbereiten von digitalen Modellen für Simulationen, Nachweisführungen, Zertifizierungen oder andere besondere Auswertungen
  • Modellbasierte Kostenplanung
  • Modellbasierte Terminplanung
  • Besondere Detaillierung oder Attribuierung von digitalen Modellen zur Vorbereitung der Vergabe
  • Erfassen und Auswerten des Baufortschritts in digitalen Modellen
  • Modellbasierte Aufmaßprüfung
  • Modellbasiertes Dokumentieren und Nachverfolgen von Mängeln
  • Erstellen von digitalen Modellen des ausgeführten Objekts
  • Erstellen von digitalen Modellen für Betrieb und Erhaltung
     

Im Ergebnis sollen aber auch die Leistungsbilder der HOAI 202X – wie schon ihre Vorgänger – methodenneutral bleiben. Es bleibt abzuwarten, ob sich die vorgeschlagenen Änderungen – insbesondere im Falle eines eintretenden Regierungswechsels – durchsetzen werden. Mit einer Verkündung im Bundesgesetzblatt ist aus aktueller Sicht zumindest nicht vor 2026 zu rechnen.
 

Öffnung der VOB/C für Modell-basiertes Abrechnen

Während die Änderungen der HOAI sich noch im Reformprozess befinden, wurden Ende 2023 mit dem VOB Ergänzungsband 2023 bereits Änderungen der VOB/C in Bezug auf das modellbasierte Arbeiten und Abrechnen veröffentlicht.

Initiiert wurde das Thema im Jahr 2022 durch das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB). Im weiteren Verlauf fanden unter dem Dach des Deutschen Instituts für Normung (DIN) über BIM-Deutschland zwei Workshops zur BIM-Fähigkeit der VOB/C statt. Im Ergebnis haben die fachlich Beteiligten Anträge an den Deutschen Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA) entwickelt, welche die Öffnung der VOB/C für das BIM basierte Arbeiten ebnen sollten.

Mit Erfolg! Der DVA hat im September 2023 den VOB/C Ergänzungsband 2023 veröffentlicht, welcher die folgenden BIM-bezogenen Änderungen in der Hauptnorm DIN 18299 (Allgemeine Regelungen für Bauarbeiten jeder Art) enthält:

„0.5 Abrechnungseinheiten

Im Leistungsverzeichnis sind die Abrechnungseinheiten für die Teilleistungen (Positionen) gemäß Abschnitt 0.5 der jeweiligen ATV anzugeben.
Werden Leistungen modellbasiert abgerechnet, gelten die Hinweise dieses Abschnitts entsprechend. Es ist festzulegen, inwieweit von den Abrechnungsvorschriften ab ATV DIN 18300 ff. abgewichen wird.“

 

„5 Abrechnung

Die Leistung ist aus Zeichnungen oder Modellen zu ermitteln, soweit die ausgeführte Leistung diesen Zeichnungen oder Modellen entspricht. Sind solche Zeichnungen oder Modelle nicht vorhanden, ist die Leistung aufzumessen.“

Norm- und Gesetzgebung muss sich an das digitale Zeitalter anpassen

Die jüngsten Initiativen zeigen, dass mit der Digitalisierung der Arbeitswelt auch eine an die Zeichen der Zeit angepasste Norm- bzw. Gesetzgebung erforderlich wird. Erste Schritte sind gemacht. Tatsächlich BIM- bzw. Digitalisierungs-ready sind die deutschen Regelwerke jedoch noch nicht. Die weiteren Entwicklungen werden neben digitalen Planungsmethoden auch Themen wir KI- und maschinenbasiertes Arbeiten einbeziehen müssen.

Über die Autorin:

Dr. Inga Maaske

Dr. Inga Maaske (CIPP/E) ist Rechtsanwältin bei der Kanzlei Kapellmann und Partner Rechtsanwälte in Düsseldorf. Sie berät Bauherren, Bauunternehmen und Planungsbüros, insbesondere bei der Gestaltung von Verträgen, der Realisierung von Bau- sowie Digitalisierungsprojekten und begleitet gerichtliche Verfahren. Zudem berät Dr. Inga Maaske zu allen Fragen rund um die Digitalisierung und BIM und ist zu diesen Themen – u.a. für den VDI – als Dozentin tätig.