Fachartikel „KI im Bauwesen“

Künstliche Intelligenz sichert Qualität im Bauwesen

Die Anforderungen an das Material im modernen Bauwesen sind höher denn je. Dies gilt zunehmend auch für den Umwelt- und Klimaschutz, denn moderne Gebäude müssen nicht nur komfortabel und sicher sein, sondern auch möglichst lange halten. Sie müssen zudem gesundheitlichen Aspekten genügen und ein gutes Wohnklima bieten.

Die EU-Standrads gegen Korrosion und Abnutzung

Vor diesem Hintergrund hat die Europäische Union zahlreiche Normen und Regeln definiert, die seit Jahren zu steigenden Baukosten führen. So fordert die EU bspw. die Verwendung von Materialien mit hoher Beständigkeit gegen Korrosion und Abnutzung, die Einhaltung von Standards bei der Verarbeitung und Montage sowie den Einsatz von zuverlässigen Prüfmethoden in Bezug auf die Qualität des Materials. Ein typisches Beispiel ist die Ultraschallprüfung bei der Herstellung von Rohrleitungen, mit der sich eventuelle Fehler in der Struktur und bei den Eigenschaften des Materials bereits vor dem Einbau erkennen lassen. Hinzu kommen allgemeine Auflagen in Bezug auf Druckprüfungen, Wirbelstromprüfungen und vieles mehr. Die Ergebnisse all dieser Untersuchungen sind zuverlässig zu dokumentieren, denn sie müssen jederzeit nachgewiesen und überprüft werden können.

Baustoff-Hersteller vor großen Herausforderungen

Die Folge: Hersteller von Baustoffen und Zubehörteilen stehen vor massiven Herausforderungen, denn ihre Produkte müssen höchsten Anforderungen gerecht werden – auf der Seite des Gesetzgebers, bei den Bauherren und natürlich auch bei den späteren Nutzer*innen bzw. Mieter*innen. Gleichzeitig sollen die klassischen Eigenschaften der Materialien in Bezug auf ihre Be- bzw. Verarbeitung erhalten bleiben oder im Idealfall sogar noch verbessert werden, während sie für die Bauherren weiterhin bezahlbar bleiben müssen.

Um diesen Spagat in irgendeiner Form erfolgreich zu meistern, produzieren viele Hersteller ihre Materialien und Produkte mittlerweile sehr nah am Grenzbereich – so wie bspw. die Materialmischungen, die heute oft auf den Punkt genau berechnet werden. Dadurch steigt aber auch die Gefahr, Ausschuss zu produzieren, was zu weiteren Kostensteigerungen und übermäßigem Verbrauch von Ressourcen führen kann.

Künstliche Intelligenz auf dem Vormarsch

Daher setzen Hersteller und Verarbeiter in ganz Deutschland zunehmend auf eine lückenlose Überwachung der Qualität ihrer Produkte sowie möglichst effiziente und schlanke Prozesse. Das Ergebnis: Auch im Bauwesen hat die Digitalisierung auf breiter Front Einzug gehalten und die Künstliche Intelligenz (KI) ist auf dem Vormarsch. Dabei sprechen wir (noch) lange nicht von der additiven Gebäudefertigung, d. h. von gedruckten Häusern, sondern von der Herstellung von ganz alltäglichen Baustoffen bzw. Bauteilen.

Ein Beispiel für diese neuen Technologien ist das KI-System Detact, das z. B. für die Herstellung von Rohrleitungen eingesetzt wird. Diese intelligente Software verarbeitet die Daten aus zahlreichen Messgeräten, gleicht sie mit dem Fertigungsprozess ab und analysiert alle Informationen vollautomatisch in einer zentralen Cloud. Auf diese Weise entsteht ein vernetztes und vor allem objektives Wissen, das dem Hersteller die Möglichkeit gibt, eine 50-jährige Garantie auf seine Rohrleitungen anzubieten. Denn: Er kann sich darauf verlassen, dass die Wandstärke der Rohre perfekt zu den Anforderungen passt, praktisch kaum noch Materialfehler auftreten und die Oberfläche die jeweils richtige Beschaffenheit hat.

Doch die Möglichkeiten der KI gehen hier sogar noch einen Schritt weiter, denn der Rohrleitungshersteller konnte mithilfe der von Detact gewonnenen Daten sehr schnell auf die aktuelle Energiekrise reagieren und sämtliche Rohrtypen, die für die Gasversorgung verwendet werden, auch als ‚H2Ready‘, d. h. für den vieldiskutierten Transport von Wasserstoff, zertifizieren lassen.

Die Intelligente Lösung für den Bau von Rohrleitungen

Bei welchen Aufgaben kann die KI unterstützen? Schauen wir dafür noch einmal auf das Beispiel des Rohrleitungsherstellers, der viele seiner Produkte auf einer bis zu 30 Meter langen Extrusionslinie mit einer Vielzahl von Datenquellen herstellt. Auch hier fallen in jedem Moment unzählige Daten an, die das Unternehmen dank KI heute nicht mehr manuell auswerten muss. Stattdessen synchronisiert Detact alle relevanten Parameter und führt die gewonnenen Daten an zentraler Stelle zusammen. Hierbei berücksichtigt die KI sogar die Geschwindigkeit des Förderbands, wodurch die Parameter des Extruders mit den Daten aus der Ultraschallmessung zusammengeführt werden können. Die Zusammenführung erfolgt dabei mithilfe von unterschiedlichen Algorithmen über verschiedenste Identifier in den Einzeldatenströmen, die von der KI automatisiert übereinandergelegt werden.

Durch diese Synchronisierung entsteht ein datentechnischer Fingerabdruck, mit dem sich der laufende Prozess zuverlässig validieren lässt, was zu einer maximalen Transparenz führt und den Anwender*innen völlig neue Einblicke in ihren Prozess bietet.

Doch ganz so weit muss der Einsatz der KI nicht unbedingt gehen, denn jeder Hersteller oder Verarbeiter ist anders und gerade am Anfang möchten viele Unternehmen erst einmal ‚nur‘ Teilaufgaben an die KI übergeben und Erfahrungen sammeln. Daher bevorzugen viele Anwender ein skalierbares KI-System, das sich flexibel anpasst und mit den Erfahrungen bzw. Bedürfnissen des Unternehmens individuell wächst. Diesem Prinzip folgt auch das KI-System Detact, das alle grundlegenden Funktionen eines klassischen MES (Manufacturing Execution System) beinhaltet und so als eine Art MES Light oder als flexibles Dashboard fungieren kann. Haben sich die Anwender*innen dann an die KI gewöhnt und sind sie mit ihren Leistungen zufrieden, können sie das System auf anspruchsvollere Aufgaben in der Rezeptdatensatzverwaltung erweitern – für einen bestimmten Abschnitt der Prozesskette oder auch gleich für die gesamte Fertigungslinie.

Die Künstliche Intelligenz erobert den Bau

Schauen wir uns noch einen weiteren Aspekt an, der im Bauwesen an Bedeutung gewinnt: Der Einsatz von neuartigen Materialien mit besonderen Eigenschaften. So entwickeln z. B. Forscher*innen in Dresden gemeinsam mit anderen Instituten einen speziellen Carbon-Beton, der extrem fest und dennoch sehr leicht ist. Auch hier kommt die KI in Detact zum Einsatz, denn die Wissenschaftler*innen müssen Daten austauschen und ihre Prozesse nach den Regeln des Forschungsdatenmanagements (FDM) synchronisieren. Um jederzeit zu verstehen, was in den einzelnen Versuchsreihen geschieht, wurden komplette Versuchsreihen digital abgebildet. So können die einzelnen Forscherteams die Arbeit ihrer Kolleg*innen jederzeit nachvollziehen, vollautomatische Analysen zum gesamten Herstellungsprozess durchführen und die Ergebnisse auf mobilen Endgeräten (z. T. via Tablets) sowie auf Desktop-PCs visualisieren. Auch hier setzen die Forscher*innen auf das KI-System Detact, mit dem sie den Zustand ihrer Bauteile und Chargen lückenlos nachverfolgen (Track & Trace) und den Gesamtparametersatz synchronisieren. Gleichzeitig kommt Detact bei verschiedenen Materialtests (Frischbetonuntersuchungen, Festigkeitsprüfungen etc.) zum Einsatz, wo die Software neben den Ist-Parametern auch Arbeitsanweisungen zum jeweiligen Prüfauftrag und Soll-Parameter erfasst und visualisiert.

Dr. Martin Juhrisch von der Symate GmbH, welche das KI-System Detact entwickelt hat, erläutert: „Heute spielt es fast keine Rolle mehr, ob wir uns ein Forschungsinstitut oder einen Hersteller von Rohrleitungen für den Tiefbau anschauen. Überall wird digitalisiert und dabei fallen fast zwangsläufig Daten an. Und diese Daten sind extrem wertvoll! Mittlerweile ist die Menge der digitalen Informationen so groß, dass man sie mit speziellen Technologien erfassen und analysieren muss. Dabei spielt die KI eine zentrale Rolle, denn sie ist objektiv. Zudem arbeitet sie viel schneller und zuverlässiger als der Mensch. Hinzu kommt die Tatsache, dass die KI-Technologien in den letzten Jahren deutlich flexibler und erschwinglicher geworden sind. Daher lassen sich heute auch spezielle und skalierbare Anwendungen entwickeln, die selbst für kleinere Anwender wie einen Hersteller von Rohrleitungen sehr lukrativ sind.“

Zur Person:

Stefan Lange, Manager Public Relations, Symate GmbH, Dresden

Herr Lange ist seit mehr als 20 Jahren in den Bereichen Marketing, Public Relations und Content Management tätig. In dieser Zeit hat der studierte Kommunikations-
wissenschaftler mittelständische Unternehmen, Start-Ups sowie internationale Konzerne erfolgreich betreut.

Sein Fokus liegt dabei vor allem auf anspruchsvollen technischen Themen sowie Produkten rund um Industrie, High-Tech und Wissenschaft. Seit 2016 beschäftigt sich Herr Lange auch mit der Künstlichen Intelligenz und hat mehrere Beiträge zu diesem Thema verfasst.

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