Von Rezyklaten bis zu CO2-neutralen Kunststoffen: Nachhaltige Lösungen für den Fahrzeugbau

Mit Perspektiven eines nachhaltigen Kunststoffeinsatzes in der Fahrzeugproduktion beschäftigten sich Fachreferenten aus Wissenschaft sowie Automobil- und Kunststoffindustrie im Rahmen eines virtuellen Pressegesprächs am 19. Mai. Das VDI Wissensforum hatte zu dem Austausch eingeladen und kündigte gleichzeitig den nächsten internationalen VDI-Fachkongress „PIAE - Plastics In Automotive Engineering“ für den 21. und 22. Juni 2023 in Mannheim an.

Was verbirgt sich hinter „frugaler Nachhaltigkeit“?

Mit „frugaler“ Nachhaltigkeit“ als neuem Innovationsparadigma für Werkstoffkonzepte beschäftigten sich Timo Achtelik, Werkstofftechnik Volkswagen AG, sowie Prof. Dr. habil. Rajnish Tiwari, Center for Frugal Innovation,Technische Universität Hamburg und Hochschule Fresenius. Die Idee der Frugalität beabsichtigt eine radikale Kostenreduzierung der Produkte und Entwicklungsprozesse durch Konzentration auf Kernfunktionalitäten und optimierte Leistungsniveaus. „Doing more with less“, so lautet die Kernidee, die auch Innovationsprozesse nachhaltig verändern dürfte: weg von der Konzentration auf den Technology-Push, hin zu Market-Pull-Strategien. Der jeweilige Anwendungsfall des Werkstoffes entscheidet über die notwendigen Anforderungen, die seitens der OEM für den Kunden abgesichert werden müssen.

CO2-Reduzierung – möglich nur mit Rezyklaten?

Mit Rezyklaten und ihrer Rolle beim Ziel der CO2-Reduzierung befasste sich Steffen Lang, AKRO-PLASTIC. Seine These: „Viele Abfallströme sind nur sehr schwer aufzubereiten, weil komplexe Materialmischungen mit erheblichen Verunreinigungen die Regel sind. Es ist daher unerlässlich, auch andere Strategien zu verfolgen.“ Möglichkeiten gebe es genug: zum Beispiel die Substitution fossiler Materialien durch biobasierte und biomassebilanzierte Kunststoffe oder konstruktive Ansätze wie den Leichtbau. Nach Langs Worten sollte im Idealfall bereits bei der Bauteilentwicklung der CO2-Fußabdruck als wichtiges Entscheidungskriterium nicht nur bei der Werkstoffauswahl, sondern auch bei der Konstruktion berücksichtigt werden. Auch Design for Recycling stelle ein wichtiges Thema dar: „Aktuell wird nur in Ausnahmefällen die spätere Entsorgung, idealerweise Wiederverwertung, der Bauteile schon bei der Entwicklung berücksichtigt.“

Klimaneutrale Kunststoffe für den Automobilbau

Über das weltweit erste klimaneutrale Polycarbonat für eine nachhaltige Automobilproduktion berichteten Jochen Hardt und Jimena Ruesta, beide Covestro. Ein Teil der fossilen Rohstoffe wird dabei durch massenbilanzierte Rohstoffe aus erneuerbaren Quellen ersetzt. „In Kombination mit erneuerbaren Energien im Produktionsprozess können wir Klimaneutralität von der „Wiege bis zum Werkstor“ erreichen“, so Jochen Hardt. Bei den klimaneutralen Werkstoffen handelt es sich um Drop-in-Lösungen, die in der laufenden Serie ohne qualitative Kompromisse und Risiken, im Vergleich zum fossilen Originalprodukt eingesetzt werden können.

PIAE 2023: Nachhaltigkeit steht im Fokus

Nachhaltigkeit, Leichtbau und die elektrifizierte Zukunft der Mobilität stellen neue Herausforderungen an den Kunststoffeinsatz im Fahrzeug – sowohl bei der Werkstoffauswahl als auch bei den Verarbeitungsmethoden. Der internationale Fachkongress PIAE am 21. und 22. Juni 2023 (Mannheim, Congress Center Rosengarten) wird sich in Fachvorträgen, einem Ausstellungsbereich und einem Autosalon mit diesen Zukunftsthemen intensiv beschäftigen.