Bildquelle: © MEGT Lehrstuhl für Maschinenelemente, Getriebe und Tribologie

Wechselwirkung von Tribologie und elektrisch induzierter Oberflächenmutation in Wälzlagern

In Elektrofahrzeugen kommen überwiegend Wechselstrommotoren zum Einsatz. Die Steuerung dieser stufenlos drehzahlvariablen Elektromotoren erfolgt über moderne Frequenzumrichter, die eine hohe Schaltgeschwindigkeit aufweisen. Dadurch können jedoch parasitäre elektrische Ströme entstehen, die auch durch die, im E-Motor verbauten, Wälzlager fließen und sowohl das Lager als auch den darin befindlichen Schmierstoff beschädigen. Am Lehrstuhl für Maschinenelemente, Getriebe und Tribologie (MEGT) wurden mehrere Prüfstände entwickelt und aufgebaut, die es gestatten die elektrischen Bedingungen im Wälzlager von umrichtergespeisten Elektromotoren realitätsnah abzubilden.

Im Rahmen der VDI Konferenz “Schadensmechanismen an Lagern 2022“  wird der Einfluss der Lagertemperatur auf die Oberflächenveränderungen in der Lagerlaufbahn bei einer elektro-mechanischen Belastung aufgezeigt.

Auftretende Schäden

Typische Schäden in diesem Zusammenhang sind eine graue Laufspur in der Lagerlaufbahn (engl. Grey frosting) / in Abbildung 1 Lastfall 3 / als auch sogenannte Riffel (engl. flueting) / in Abbildung 1 Lastfall 2. Bei Riffeln handelt es sich um ein noch nicht vollständig verstandenes Schädigungsphänomen, welches im Kontext elektrisch mechanisch beanspruchter Wälzkontakte auftritt. Sie sind gekennzeichnet durch eine gleichmäßige Berg- (heller Bereich in Abb. 1b) und Talstruktur (dunkler Bereich in Abb .1b) auf der Laufspur. Diese Riffel führen zu einer signifikanten Geräuschentwicklung und sehr starken Schwingungen der betroffenen Bauteile und letztendlich zum Ausfall des Lagers.

Modelluntersuchungen

Im Rahmen von Modellversuchen an einem Axiallagerprüfstand wurde gezielt der Einfluss der Temperatur auf die induzierte Oberflächenveränderung bei mechanisch elektrischer Beanspruchung untersucht. Alle weiteren Randbedingungen wurden weitestgehend konstant gehalten. Eine Schlüsselkomponente hierzu sind die speziell entwickelten elektrischen Belastungseinheiten. Diese erlauben eine gezielte und reproduzierbare Bestromung der Bauteile. Kennzeichnend hierfür ist der gleichbleibende ohm‘sche Stromfluss, als auch die identische Lagerstromdichte, über der Versuchsdauer von 168 h. Bei der Lagerstromdichte handelt es sich um einen Kennwert, der eine Einschätzung der elektrischen Belastung des Wälzkontaktes erlaubt. Sie wird aus dem Quotienten des fließenden Stroms zur Kontaktfläche gebildet. Als Kontaktfläche gilt hierbei, dem Charakter einer Stromdichte nach, der Querschnitt durch den Strom fließen kann. In einem Axiallager entspricht diese Fläche der Summe der Kontaktflächen am rotierenden- oder stehenden Ring. Weiterhin gilt ein Wert von < 0,3 A/mm² nach aktuellem Stand der Technik als weitestgehend unkritisch.

Die Variation der Temperatur des Prüflagers und des verwendeten Schmiermittels erfolgte mittels eines externen Umwälzthermostats. Dieses erlaubte eine exakte und gleichbleibende Temperierung der verwendeten Prüfeinheit mit dem eingesetzten Schmiermittel. Durch diese Temperaturvariation wird Maßgeblich die Viskosität des Schmiermittels und damit die sich einstellende Schmierfilmhöhe beeinflusst.  So kommt es in der Folge der Temperaturerhöhung zu einer Reduzierung der Viskosität mit einhergehender Verringerung der Schmierfilmhöhe. Unabhängig hiervon bleibt die Art des Stromflusses ohmsch und es kann in den untersuchten Betriebspunkte kein vollständiger Spannungsaufbau beobachtet werden. Demnach kann auch von einer konstanten elektrischen Belastung ausgegangen werden.

 

Ergebnisse

Es stellen sich ungeachtet der gleichbleibenden mechanischen, als auch elektrischen Belastungen zwei stark unterschiedliche Oberflächenstrukturen ein. So kommt es in diesem Experiment bei hohen Schmierfilmen (~1 µm) zu schädlichen Riffeln und bei niedrigen (~0,3 µm) zu einer geglätteten weniger schädlichen grauen Laufspur. Ursächlich hierfür können zwei mögliche Erklärungsansätze sein. So könnte im Rahmen der Reduzierung der Schmierfilmhöhe der tribologische Zustand des Wälzkontaktes verändert worden sein. Jedoch würde sich eine solche Veränderung, beispielsweise beim Übergang von Vollschmierung zu Mischreibung, auch in der Art der auftretenden Stromübergänge bemerkbar machen. Jedoch trat in beiden Lastfällen 2 & 3 ein reiner ohmscher Stromfluss auf. Ein weiterer Erklärungsansatz ist in der Art des Stromflusses zu suchen. Durch die Reduzierung des Abstandes der Kontaktpartner wird etwa weniger elektrische Energie benötigt um den Ladungsausgleich durchzuführen. Dies könnte in einer geringeren Schädigung der Oberflächen münden. Ein Schlüssel scheint hier die weitere Erforschung des Stromübergangs im Wälzkontakt zu sein.

Über die Autoren

Resat Capan, M.Sc., wissenschaftlicher Mitarbeiter, Lehrstuhl für Maschinenelemente, Getriebe und Tribologie (MEGT), TU Kaiserslautern


 

Simon Graf, M.Eng., Gruppenleiter Wälzlagersimulation, Lehrstuhl für Maschinenelemente, Getriebe und Tribologie (MEGT), TU Kaiserslautern

 

Oliver Koch, Prof. Dr.-Ing., Leiter des Lehrstuhls für Maschinenelemente, Getriebe und Tribologie (MEGT), TU Kaiserslautern