(Düsseldorf, 21.06.2022)
Welche Lösungen und Maßnahmen können zum Erreichen der Verkehrssicherheitsziele beitragen? Welche Technologien sind vielversprechend, in welchen Bereichen besteht noch Handlungsbedarf? Das Verkehrssicherheitsprogramm 2030 des Bundes und die von der EU formulierte „Vision Zero“ bis 2050 standen im Fokus der 13. VDI-Tagung Fahrzeugsicherheit.
Nach Ansicht der Experten lässt sich das pandemiebedingt reduzierte Verkehrsaufkommen direkt mit den gesunkenen Unfall- und Opferzahlen in 2020 und 2021 in Verbindung bringen. Ein nachhaltiger Effekt ist hier aber nicht in Sicht. Vielmehr ist mit einem erneuten Anstieg der Unfallzahlen parallel zum wieder steigenden Verkehrsaufkommen zu rechnen. „Damit sind die guten Zahlen von 2020 als Basis für den Ausblick bis 2030 eine große Herausforderung. Es bedarf sehr großer Anstrengungen, die neuen Ziele der Bundesregierung aus dem Verkehrssicherheitsprogramm zu erreichen“, unterstreicht Professor Dr.-Ing. Rodolfo Schöneburg aus dem VDI-Fachbeirat Kraftfahrzeugtechnik, der gemeinsam mit Professor Dr.-Ing. Steffen Müller von der TU Berlin die VDI-Tagung leitete.
Potenziale des automatischen Fahrens
Für eine signifikante Verringerung der Unfälle mit Personenschaden bis 2030 muss in den kommenden Jahren die Sicherheit von ungeschützten Verkehrsteilnehmern noch mehr im Fokus stehen als in den vergangenen Jahren, forderte Prof. Müller: „Automatisches Fahren hat das Potenzial, zwei Drittel aller tödlichen Verkehrsunfälle zu verhindern, wird aber bis 2030 noch keinen signifikanten Einfluss auf das Unfallgeschehen haben.“
Generell gilt nach Meinung der Experten, dass das Sicherheitsniveau eines Fahrzeugs nicht von seiner Antriebsart abhängen kann und darf. Es gibt zahlreiche innovative Lösungen bei den deutschen Automobilherstellern, die dazu beigetragen haben, das sehr hohe Sicherheitsniveau der konventionell angetriebenen Fahrzeuge ohne Abstriche auf elektrisch oder hybrid angetriebene Fahrzeuge zu übertragen. Prof. Schöneburg unterstreicht weiter: „Eine weitere signifikante Verminderung der Verkehrsopferzahlen ist nur durch einen ganzheitlichen Ansatz möglich.“
Update zur Berliner Erklärung
Dazu will sich das VDI-Expertengremium der „Berliner Erklärung zur Fahrzeugsicherheit“ beim Pakt für Verkehrssicherheit des BMDV aktiv einbringen. Die Experten der VDI-Initiative stammen aus einem breiten Spektrum von OEMs, Zulieferern, Verbänden und Hochschulen. Im Anschluss an die gelungene VDI-Tagung fand noch eine Update-Veranstaltung zur Berliner Erklärung statt. Im Vorfeld wurde ein detaillierter Maßnahmenkatalog ausgearbeitet, der vorgestellt und diskutiert wurde. Zudem wurde beschlossen, auf das BMDV zuzugehen und die Einführung einer neuen Klassifizierung „Schwerstverletzte“ AIS3+ einzufordern. Diese Verletzungsklasse wird nach Einschätzung der Experten dringend benötigt, um Maßnahmen der Verkehrssicherheit auf Potenzial bewerten zu können.
Wechsel in der Tagungsleitung
Nach vielen Jahren des Engagements gab Prof. Schöneburg in Berlin bekannt, sich in Zukunft aus der Leitung der VDI-Tagung Fahrzeugsicherheit zurückziehen. Die Tagungsbesucher zollten ihm hohe Anerkennung für die geleistete Arbeit. Gleichzeitig stellte Schöneburg seinen Nachfolger vor: Dr.-Ing. Steffen Sohr wird in Zukunft die renommierte Veranstaltung gemeinsam mit Prof. Müller leiten. Dr. Sohr ist seit 2001 bei Joyson Safety Systems (JSS) tätig und verantwortet als Vice President Global Product Line Airbag, Core Engineering den Bereich Airbag-Vorentwicklung. Er studierte von 1988 bis 1990 Maschinenbau an der HTW Dresden und von 1990 bis 1994 Fahrzeugtechnik an der TU Berlin. Von 1995 bis 2000 arbeitete er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Land- und Seeverkehr der TU Berlin, an dem er 2001 promovierte. Steffen Sohr verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung auf dem Gebiet der Passiven Sicherheit und hat verschiedene Führungspositionen in der regionalen und globalen Entwicklungsorganisation von JSS begleitet.
Über die VDI Wissensforum GmbH
Wir sind seit 1957 Partner in der Weiterbildung für Ingenieure und technische Fach- und Führungskräfte. In jährlich mehr als 2.600 Kongressen, Tagungen, Technikforen, Lehrgängen und Seminaren decken wir nahezu jede technische Disziplin ab. Der Bereich Soft Skills und Management rundet unser Portfolio ab. Mehr als 37.000 Teilnehmer bilden sich mit Hilfe unseres Angebots jedes Jahr aus und weiter.