Batterieproduktion in Europa: entscheidend für eine erfolgreiche Transformation der Mobilität

Nennenswerte Fertigungskapazitäten, um Li-Ionen-Batteriezellen für Elektrofahrzeuge in Europa herstellen zu können, lassen auf sich warten. In der Folge halten asiatische Zellhersteller bedenklich hohe Marktanteile – diese Abhängigkeit kann den wirtschaftlichen Erfolg und die Transformation der europäischen Automobilindustrie erheblich gefährden. Davor warnt der langjährige Branchenkenner Jan-Steffen Lang: „Da der Aufbau von Produktionskapazitäten in der Hand europäischer Unternehmen nicht wie geplant voranschreitet, ist es Zeit für eine ehrliche Analyse der Situation, um die Herausforderungen zu erkennen und die richtigen Antworten zu finden.“

Batterieproduktion in Europa – wo stehen wir heute?

Die Landkarte der geplanten Batteriezellfabriken in Europa ist seit vielen Jahren gut gefüllt. Doch in der Realität liegen Anspruch und Wirklichkeit zum Teil weit auseinander – aus unterschiedlichen Gründen: Zum einen unterschätzen viele Unternehmen die Komplexität einer Li-Ionen-Batteriezellproduktion. Getrieben vom Druck des Managements, der Investoren und potenzieller Abnehmer, wird nicht genug Zeit für die Umsetzung und die notwendigen „Erfahrungsschleifen“ eingeplant.

Zum anderen erfüllen manche Unternehmen nicht die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Batteriezell-Herstellung, unterstreicht Jan-Steffen Lang: „Wer nicht gleichzeitig über die notwendigen finanziellen Mittel, ein funktionierendes Produkt und die Prozesse zur Herstellung, sowie potenzielle Abnehmer verfügt, wird kaum Chancen haben, sein Ziel einer nachhaltig kommerziell erfolgreichen Serienfertigung mit minimaler Ausschussquote zu erreichen.“

Erfahrene Fachkräfte – ein bedeutender Erfolgsfaktor

Erfahrene Fachkräfte in Planung und Produktion sind ein weiterer wichtiger Faktor für den Erfolg.

Allerdings stellen gut ausgebildete Ingenieurinnen und Ingenieure in Europa eine knappe Ressource dar, um die sich eine Vielzahl von Unternehmen im Wettbewerb befinden. Erschwerend kommt hinzu, dass die Anzahl der Studierenden in den sogenannten MINT-Fächern tendenziell rückläufig ist. Weiterhin verfügen diese Hochschulabsolventen, wenn überhaupt, nur über eine sehr eingeschränkte Erfahrung im Produktionsbereich im Labor-/Entwicklungsumfeld.

Hier können in Zukunft sogenannte Forschungsfabriken mit einer Aus- und Weiterbildung im seriennahen Fertigungsumfeld, wie die Fraunhofer FFB in Münster oder das britische UKBIC in Coventry, einen wichtigen Beitrag leisten. Lang macht deutlich: „Dies wird aber nicht ausreichen. Daher ist es in einem Land wie Deutschland mit hervorragend ausgebildeten Ingenieurinnen und Ingenieuren, unabdingbar, eine Offensive zu starten und diese Fachkräfte für den Batteriebereich zu gewinnen und weiterzubilden.“

Abhängigkeit von asiatischen Zellherstellern

Die größten Batteriezellhersteller der Welt für Elektrofahrzeuge kommen allesamt aus Asien, allen voran die chinesischen Unternehmen CATL und BYD sowie die koreanische LG Energy Systems. Gemeinsam kommen sie im Jahr 2023 auf einen Marktanteil von etwa 70 Prozent. Für die europäischen Automobilhersteller bedeutet dies eine enorme Abhängigkeit – ausgerechnet bei der bedeutendsten Einzelkomponente eines Elektrofahrzeugs im Hinblick auf Preis, Qualität, Liefermengen und -zeit.

Damit verbindet sich ein hohes Risiko für die Transformation der Automobilindustrie, das aufmerksam beobachtet und in strategischen Planungen berücksichtigt werden muss, sagt Jan-Steffen Lang weiter: „Das gilt umso mehr, da die chinesischen Fahrzeughersteller mit ihren Elektrofahrzeugen massiv in den europäischen Markt drängen. Auf ihrem Heimatmarkt dominieren sie bereits das Elektrosegment, was zu deutlichen Einbrüchen bei den Marktanteilen deutscher Hersteller in dem für sie sehr bedeutsamen chinesischen Markt geführt hat.“

Wege zur Wettbewerbsfähigkeit europäischer Zellhersteller

Die asiatischen Zellhersteller arbeiten nach wie vor mit tradierten Anlagenkonzepten, die sich seit den ersten Zellproduktionen Anfang der 1990-er Jahre in Japan bis heute nicht grundlegend verändert haben. Somit bietet sich viel Potenzial zur Maximierung der Produktionserträge, Minimierung der Ausschussrate und Optimierung der Energieeffizienz – eine große Chance für die europäische Forschungs- und Entwicklungslandschaft sowie für die europäischen Maschinen- und Anlagenbauer –vorausgesetzt, sie erhalten das Vertrauen der Zellhersteller, denn es gibt bereits europäische Unternehmen, die in der Lage sind Zellfabriken im GWh Masstab mit Maschinen- und Anlagen auszurüsten und Unternehmen, die sich gemeinsam mit den Zellherstellern dahin entwickeln können.

Erfolgsbeispiele für europäische Unternehmen, die sich einen Technologievorsprung erarbeitet haben, gibt es bereits: Neue Fertigungsprozesse wie die Trockenbeschichtung der Elektroden zählen ebenso dazu wie die Weiterentwicklung des Mischprozesses von Batch auf Kontinuierlich. Bemerkenswert ist auch das jüngst von einem belgischen Maschinen- und Anlagenbauer entwickelte Verfahren für die vollständige Elektrolyt-Befüllung von prismatischen und großen zylindrischen Zellen in einem Durchgang, vollintegriert in die automatisierte Zellendfertigung: Dies ermöglicht sogar die zeitliche und räumliche Entkopplung von dem vorhergehenden Gewerk der Zell-Assemblierung.

Diese und weitere Entwicklungen können zu Produktionsverbesserungen und somit zur Wettbewerbsfähigkeit einer europäischer Batteriefertigung beitragen. Aus kaufmännischer Sicht gibt es darüber hinaus eine weitere Anforderung an die Zellhersteller, um den europäischen Maschinen- und Anlagenbauern eine faire Chance im Wettbewerb mit asiatischen Unternehmen zu geben: Die Beschaffung der Produktionsanlagen sollte nicht nach der Investitionssumme (CAPEX), sondern auf Basis einer Total Cost of Ownership-Betrachtung erfolgen. „Dabei verliert sich der Kostenvorteil asiatischer Anbieter oft schon nach wenigen Jahren und verkehrt sich nachhaltig zu einem Vorteil europäischer Anbieter von effizienten und innovativen Technologien“, sagt Jan-Steffen Lang weiter.

Die Batterie als Erfolgsfaktor für die Automobilhersteller

Wenn es europäischen Zellherstellern gelingt, leistungsfähige, langlebige und sichere Batteriezellen in gleichbleibend hoher Qualität in Serie zu fertigen, verbinden sich damit gleich mehrere Vorteile: Dies bedeutet mehr Unabhängigkeit für die europäischen Automobilhersteller und ermöglicht über die maßgebliche Komponente Batterie gleichzeitig mehr Produktdifferenzierungen für eine gelungene Transformation zur Elektromobilität.

Geballtes Fachwissen zur Batterietechnik

Die Batteriebranche stellt einen hoch attraktiven Arbeitsbereich mit massivem Personalbedarf dar. Das gilt insbesondere für Ingenieurinnen und Ingenieure, auch aus fachfremden Bereichen, die motiviert sind, sich in ein neues Themenfeld einzuarbeiten. Kompetenz und dezidiertes Fachwissen zu Technologien, Produktion und Anwendung vermittelt der Zertifikatslehrgang „Fachingenieur Batterien VDI“. Neben vielen weiteren Themen rund um die Elektrifizierung des Antriebs nimmt die Batterietechnik großen Raum ein. Ein hohes Maß an Praxisnähe ist gewährleistet: Dazu werden die Module vielfach durch praktische Einblicke und Laborbesuche in Fraunhofer-Instituten abgerundet.

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In Zusammenarbeit mit:

Jan-Steffen Lang, Leiter des Zertifikatslehrgangs „Fachingenieur Batterien VDI“