Low-Tone Verzahnung: Eine Lösung zur Geräuschreduzierung in Elektroantrieben

Abbildung 1: links: Konventionelle Verzahnung mit streng regelmäßiger Verzahnung, die lästige tonale Geräusche erzeugt; rechts: Low-Tone Verzahnung mit unregelmäßigen Zahndicken und Zahnpositionen, die ein weniger lästiges rauschartiges Geräusch erzeugen.

In der Welt der Maschinenbauingenieur*innen, insbesondere in der Automobilindustrie, spielen die akustischen Eigenschaften von Getrieben eine immer größere Rolle. Mit dem Übergang zu leistungsstarken Elektroantrieben und dem Bestreben nach leichten und effizienten Konstruktionen stehen Ingenieur*innen vor der Herausforderung, die durch Getriebe erzeugten Geräusche zu minimieren. Eine vielversprechende Lösung hierfür ist die Low-Tone Verzahnung.

In herkömmlichen Getrieben sind die Zähne eines Zahnrades gleich groß und streng regelmäßig angeordnet. Dies führt zu einer periodischen Anregung von Kräften während des Eingriffs und damit zu einem tonalen Geräusch. Dieses tonale Geräusch wird als prominenter und störender empfunden als breitbandige Geräusche. Die Low-Tone Verzahnung zielt darauf ab, das Geräuschniveau, die Tonhaltigkeit und die Lästigkeit des Getriebegeräusches zu minimieren. Bei Low-Tone Verzahnungen sind die Zahnbreiten und Zahnabstände unregelmäßig, was zu einem unregelmäßigen Eingriffsprozess führt und somit zu einem weniger tonalen Geräusch. Dieser Ansatz ist bekannt von Lüftern und Fahrzeugreifenmustern, bei denen die Lüfterschaufeln bzw. Profilblöcke entlang des Umfangs unregelmäßig angeordnet sind, um tonale Geräusche zu reduzieren. Diese Idee wurde auf Stirn- und Schrägverzahnungen übertragen, um das Zahneingriffsgeräusch auf eine ähnliche Art zu mindern.

Die akustische Auslegung einer Low-Tone Verzahnung wird mittels Simulationen durchgeführt. Dabei werden die Anregungskräfte in einer speziell für Low-Tone Verzahnungen entwickelten Software berechnet. Die Anregungskräfte werden als Eingangsgrößen für Struktursimulationen des Getriebegehäuses verwendet, wobei die Schwingschnellen auf der Außenseite des Getriebegehäuses berechnet werden. Von dort aus wird der abgestrahlte Luftschall an einem Referenzpunkt über ein Schallabstrahlmodell berechnet. Der so berechnete Schall kann schließlich im Hinblick auf die Geräuschanforderungen und die Einbausituation bewertet werden.

Abbildung 2: Schwingschnellen auf der Oberseite eines Pkw-Getriebes; Ergebnis einer numerischen Simulation des Anregungsverhaltens einer ausgelegten Low-Tone Verzahnung.

Abbildung 3: Messergebnisse an einem Prüfgetriebe; links: Die Low-Tone Verzahnung zeigt eine deutlich geringere Tonalität als eine konventionelle Verzahnung; rechts: Die Low-Tone Verzahnung zeigt einen deutlich geringeren Gesamtschalldruckpegel als eine konventionelle Verzahnung.

Die Integration von Low-Tone Verzahnungen in Elektroantrieben stellt eine vielversprechende Möglichkeit dar, das Geräuschniveau zu reduzieren. Insbesondere in Anwendungen mit hohen Drehzahlen kann die Verwendung von Low-Tone Verzahnungen zu einer signifikanten Verbesserung der akustischen Eigenschaften führen.

Die Low-Tone Verzahnung stellt somit eine innovative Lösung dar, um den wachsenden Anforderungen an leise und effiziente Elektroantriebe gerecht zu werden. Durch die gezielte Reduzierung von tonalen Geräuschen und dem gesamten Geräuschniveau bietet sie Ingenieur*innen eine Möglichkeit, die akustischen Eigenschaften von Getrieben signifikant zu verbessern, um dabei den steigenden Ansprüchen an den Fahrzeugkomfort gerecht zu werden und die hohen Anforderungen an den Geräuschkomfort zu erfüllen.

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Über die Autor*innen:

Dr.-Ing. Philipp Neubauer, Continental Engineering Services GmbH, Griesheim

Dr.-Ing. Philipp Neubauer arbeitet aktuell als Technischer Projektleiter bei der Continental Engineering Services GmbH im Bereich Acoustic Solutions. Er studierte Maschinenbau an der TU Darmstadt mit den Schwerpunkten Maschinenakustik und Fahrzeugtechnik. Nach seiner Master-Thesis zum Thema „Aktive Beeinflussung der Schallabstrahlung eines Cellos“, entwickelte und validierte er während seiner Dissertation eine neuartige geräuscharme Verzahnungstechnologie für Zahnradgetriebe, wofür er 2019 mit dem „young drivetrain experts award“ ausgezeichnet wurde. Seit September 2019 entwickelt er bei der Continental Engineering Services GmbH ein innovatives lautsprecherloses Audiosystem für Fahrzeuge sowie Lösungen zur aktiven und passiven Geräuschminderung.