MAN E-Bus

MAN

09.08.2021

Was treibt Nutzfahrzeuge von morgen an?

Technologien und Herausforderungen rund um den Antriebsstrang im Fokus - Die Entwicklung von Nutzfahrzeug-Antriebssträngen steht vor großen Herausforderungen. Während über viele Jahre der Dieselmotor gesetzt war und Optimierungen vor allem hinsichtlich Verbrauch und Emissionen gefordert waren, steht jetzt ein technologischer Umbruch bevor. Weltweit immer ambitionierte CO2-Vorgaben erfordern ein Umdenken. Klar ist die Zielsetzung, langfristig klimaneutrale Antriebe zu schaffen. Unklar ist jedoch der Weg dorthin.

Wie weit lassen sich Verbrennungsmotoren weiter hinsichtlich ihrer Emissionen optimieren? Welche Rolle spielen in Zukunft Hybridisierung, elektrifizierte Antriebe oder Brennstoffzelle?

Die Internationale VDI-Tagung DRITEV sowie die parallel stattfindende VDI-Tagung „Antriebsstranglösungen für Nutzfahrzeuge“ am 13. und 14. Oktober 2021 in Bonn geben einen Überblick zum Stand der Technik sowie einen Ausblick auf zukünftige Antriebe. Außerdem stehen E-Achs-Konzepte im Fokus. Ein weiteres aktuelles Themenfeld beschäftigt sich mit EE-Architekturen und Cyber Security.

MAN Truck an Ladestation

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Der Weg zu klimaneutralen Antrieben

Zero Emission ist eine Verpflichtung gegenüber folgenden Generationen, unterstreicht Dipl.-Ing. Thomas Landsherr. Er ist Vice President ‚Engineering Powertrain Transmission and Driveability Development (EPD)‘ bei MAN Truck & Bus SE (München) und Leiter der VDI-Tagung „Antriebsstranglösungen für Nutzfahrzeuge“: „Es ist eine wesentliche Aufgabe von Ingenieuren, klimaneutrale Antriebe serienreif zu entwickeln. Mittlerweile ist dieses Ziel realistisch geworden – wenn auch die Umsetzung nicht kurzfristig erfolgen kann.“ Die EU-Kommission hat bekanntermaßen mit dem Green Deal und der CO2-Flottenregulierung einen anspruchsvollen Rahmen gesteckt: Bis 2030 müssen Nutzfahrzeug-Hersteller im Rahmen der Flottenziele 30 Prozent des CO2-Ausstoßes reduzieren. Bis 2050 sollen sie Klimaneutralität erreichen.

Der Verbrenner wird im Nutzfahrzeug noch gebraucht

In der Übergangszeit wird der Verbrenner gerade im Nutzfahrzeugbereich weiterhin große Bedeutung haben, erklärt Landsherr weiter: „Daher sind auch hier noch Optimierungen nötig, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen.“ Der Dieselantrieb hat nach seinen Worten sicherlich noch eine Zukunft bis in die 2030er-Jahre - insbesondere dort, wo Flexibilität gefordert ist und die benötigte Lade-Infrastruktur für elektrifizierte Antriebe nicht zur Verfügung steht. Hybride Antriebe stellen eine sinnvolle Brückentechnologie für bestimmte Anwendungen wie zum Beispiel im Stadtbus dar.

MAN E-Bus

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Zero Emission in Lkw und Bussen

Zero Emission sei jedoch 2021 bereits real, so Thomas Landsherr: „Wir sehen heute schon einen großen Kundennutzen und wirtschaftlichen Vorteil im Stadtbus sowie Verteilerverkehr und in einem nächsten Schritt im regionalen Verkehr, da sich hier die Lade-Infrastruktur relativ einfach aufbauen lässt.“ Der Marktkenner erwartet, dass sich auf mittelfristige Sicht batterieelektrische Antriebe durchsetzen werden.

Ein wesentlicher Schritt ist der Aufbau einer Lade-Infrastruktur für den Fernverkehr. Die drei Nutzfahrzeughersteller Daimler, TRATON und Volvo wollen in einem Joint Venture kooperieren und 500 Mio. Euro in Hochleistungs-Ladepunkte investieren.

Truck-Testflotten befinden sich bei verschiedenen OEMs im Einsatz, Serienreife ist heute bereits bei mehreren Herstellern von Stadtbussen gegeben. Hier besteht zudem der Vorteil, dass Stadtbusbetreiber die Lade-Infrastruktur sicherstellen können und einsatzspezifisch für den Kunden ein positiver Business Case für die Nutzungsdauer des Fahrzeugs möglich ist.

Welche Rolle spielt die Brennstoffzelle?

E-Antriebe sind heute im ÖPNV bei Stadtbussen und bei Lieferdiensten wie DHL etabliert. „Wir gehen davon aus, dass als nächste Einsätze der Verteilerverkehr bei Trucks elektrifiziert werden kann, vor allem dann, wenn die Fahrzeuge über Nacht in einem Depot geladen werden können“, erklärt der Tagungsleiter weiter. Für den grenzüberschreitenden Fernverkehr sei der Aufbau einer entsprechenden Nfz-spezifischen Ladeinfrastruktur die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Einsatz von batterie-elektrischen Lkw. In Abhängigkeit der Kosten für den Energieträger könnte im gewichtssensiblen Fernverkehr und bei Reisebussen auch die Brennstoffzelle eine Rolle spielen, führt Thomas Landsherr weiter aus: „Die Brennstoffzelle kann immer dann eine Option sein, wenn batterie-elektrische Antriebe nicht zum Einsatz kommen können.“

MAN Solar-Bus

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Photovoltaik ins Nutzfahrzeug integrieren

Auch die Nutzung von Photovoltaik kann ein sehr sinnvoller Aspekt für mehr Effizienz im Nutzfahrzeugantrieb sein. MAN hat in einem Reisebus dazu erste Erfahrungen gesammelt mit dem Schwerpunkt, Energie für die Klimatisierung zu nutzen. In weiteren Ausbaustufen könnte man bei Reisebussen oder bei Trailern die Dachflächen zur Gewinnung von Solarenergie nutzen – nicht nur, um die Fahrzeuge mit elektrischem Strom zu versorgen, sondern auch um Strom in das Netz einzuspeisen. Bei entsprechender Infrastruktur erwächst daraus der reizvolle Gedanke für Fahrzeugbetreiber, auch im Stand noch Geld zu verdienen.

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Dipl.-Ing. Thomas Landsherr, MAN Truck & Bus SE

Interview mit:

Dipl.-Ing. Thomas Landsherr,
Vice President, Engineering Powertrain Transmission and Driveability Development (EPD) bei MAN Truck & Bus SE (München).
Zudem ist er Leiter der VDI-Tagung “Antriebsstrang-lösungen für Nutzfahr-zeuge”.