Straßen und Brücken schneller bauen: Mehr Effizienz – weniger Emissionen

Die Zahlen sprechen für sich: Quälende 330.000 Stunden lang standen Menschen auf Deutschlands Fernstraßen 2022 im Stau. Die Blechlawinen addierten sich laut der ADAC Staubilanz für das vergangene Jahr auf eine Gesamtlänge von etwa 733.000 Kilometern – das entspricht über 18 Weltumrundungen. Staus sorgen nicht nur für Ärger bei den Verkehrsteilnehmenden, sondern bewirken gleichzeitig einen enormen volkswirtschaftlichen Schaden sowie zusätzliche klimaschädliche Emissionen. Beschleunigte Bauverfahren sollen in Zukunft für Abhilfe sorgen.

Es klingt paradox: Wer einen flüssigeren Verkehr auf den Straßen ermöglichen will, muss ihn zunächst mit Straßenbau- und Brückenbauarbeiten einbremsen. Die stete Zunahme der Verkehrsdichte führt dazu, dass viele Bundesautobahnen seit geraumer Zeit überlastet sind und dringend ausgebaut werden müssen. Doch überall, wo dies geschieht, führen Baustellenbereiche zunächst zu neuen Belastungen für den Verkehr – mit zähflüssigem Verkehr, Unfällen und Staus. Zusätzlich zum Ausbau der Verkehrsinfrastruktur kommen dringend notwendige Instandsetzungsarbeiten hinzu. Marode Straßendecken sind zu erneuern, viele Brücken müssen ertüchtigt oder – wie bei der A45 in Lüdenscheid – durch Neubauten ersetzt werden. Allein im kommunalen Straßenbau beläuft sich der Sanierungsstau auf fast 40 Milliarden Euro, so das Kommunalpanel 2022 der Förderbank KfW.

CO2-Reduktion durch Stauvermeidung

„Solange in Baustellenbereichen der Verkehr konstant mit 60 bis 80 Stundenkilometern fließen kann, sind die aktuellen örtlichen Kohlendioxid-Emissionen (CO2) sogar geringer als ohne Baustelle. Das Bild ändert sich grundlegend, wenn es zum Stau kommt“, erläutert Dr.-Ing. Dirk Kemper, Oberingenieur am Lehrstuhl und Institut für Straßenwesen, RWTH Aachen: „Durch permanentes Stop-and-Go, wiederholtes Anfahren und den Stillstand im Leerlauf schnellen die Emissionen hingegen in die Höhe.“ Wie sich die Werte konkret in der Fahrpraxis darstellen, ermitteln aktuell Aachener Wissenschaftler*innen im Zuge des Projektes „CO2-Reduktion durch Stauvermeidung“. Federführend ist das Center Building and Infrastructure Engineering (CBI), wissenschaftlich begleitet wird das Projekt vom Institut für Straßenwesen der RWTH Aachen University, zusätzlich unterstützt durch die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt).

Dirk Kemper kann erste Einblicke in die laufende Projektarbeit geben: „Die Faustformel ist simpel: Kürzere Bauzeiten bedeuten weniger Stau und somit weniger CO2-Emissionen.“ Zum ökologischen Gewinn sei zusätzlich ebenfalls der volkswirtschaftliche Nutzen durch geringere Stauaufkommen und die Zeitersparnis zu betrachten. Um das Ziel möglichst staufreier Baustellen zu erreichen, kommt es auf einen Mix verschiedener Maßnahmen an. Schnellere Bauverfahren tragen ebenso dazu bei wie der Brückenbau in Modulbauweise oder auch intelligente Baustellenverkehrsführungen, beispielsweise mit einem Richtungswechselbetrieb.

Nachhaltigere Bauplanung ermöglichen

Die Projektverantwortlichen sind überzeugt: Über die gesamte Bauzeit können so signifikante Einsparungen von Schadstoffen erreicht und nachhaltige Effekte erzielt werden. „Anhand von Beispielen aus der Praxis werden wir im Zuge des Projektes konkrete Einsparpotenziale errechnen“, erklärt Kemper weiter. „Perspektivisch ist die Intention, in Berechnungstools zur Baustellenplanung direkt einen CO2-Rechner integrieren zu können.“ Damit sollen belastbare und transparente Vergleiche zwischen Einbaualternativen möglich werden, um eine nachhaltigere Bauplanung zu unterstützen.

Vorteile des modularen Bauens

Im Zuge der Diskussionen zählt „Modulares Bauen“ zu den Schlagworten, das bei Planungen für Brückenbauten und Infrastrukturprojekten immer wieder zu hören ist. Die Vorteile liegen auf der Hand:

  1. Zeit- und Kostenersparnis: Durch den Einsatz vorgefertigter Module kann die Bauzeit erheblich verkürzt werden – das bedeutet weniger Verkehrsstaus und somit auch eine reduzierte CO2-Belastung.
  2. Verbesserte Qualität und Kontrolle: Die Verwendung vorgefertigter Module ermöglicht eine bessere Qualitätssicherung. Da die Module unter kontrollierten Bedingungen vorgefertigt werden, können Materialien, Maße und weitere Aspekte der Konstruktion genau überwacht werden.
  3. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Modulares Bauen ermöglicht eine hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an verschiedene Projekterfordernisse.
  4. Nachhaltigkeit: Das modulare Bauen kann auch zu einer nachhaltigeren Bauweise beitragen. Materialverbrauch und Ressourceneffizienz werden optimiert, ebenso ist eine bessere Kontrolle über den Energieverbrauch und die Emissionen in der Fertigungsphase möglich.

Gerade für den vielerorts zeitlich drängenden Brückenbau eröffnen sich somit neue Perspektiven: Durch die Nutzung vorgefertigter Elemente, vorgespannter Konstruktionen und Schubfeldbauweisen können Bauzeiten erheblich reduziert, Kosten gesenkt und die Qualität der Brückenstrukturen verbessert werden.

Gezielte Weiterbildung für Infrastrukturprojekte

Das VDI Wissensforum unterstützt die Technologietrends und bietet als offizieller Weiterbildungspartner des Vereins Deutscher Ingenieure zahlreiche fachspezifische Seminare und Konferenzen: