Abbildung 1: AM-Versuchsanlagen, LPBF EOS M290 (a) und WA-DED Guttroff (b). Copyright: Fachgebiet Hybride Fertigung, BTU Cottbus.

Neue Trends für die Herstellung von Schmiedegesenken
mittels additiver Fertigung


Abstrakt

Die Herstellung von Schmiedegesenken ist eine komplexe und präzisionsintensive Aufgabe, die traditionell durch konventionelle zerspanende Fertigungstechniken erfolgt. Mit dem Aufkommen der additiven Fertigungstechnologien (AM) eröffnen sich jedoch neue Möglichkeiten für die Produktion dieser Umformwerkzeuge. Die AM-Technologien, die ursprünglich hauptsächlich für die Produktion von Prototypen und kleinen Serien genutzt wurden, gewinnen zunehmend an Bedeutung für die Fertigung von Schmiedegesenken. Dieser Artikel beleuchtet die Ermüdungseigenschaften von additiv gefertigten Proben aus
17-4PH und legt einen besonderen Schwerpunkt auf die optimierte konstruktive Auslegung der additiv gefertigten Schmiedegesenke.
 

Additive Fertigung im Fokus

Additive Fertigung, auch bekannt als 3D-Druck, hat sich in den letzten Jahren als revolutionäre Technologie etabliert, die die Art und Weise der Bauteilfertigung verändert. Im Gegensatz zu traditionellen Fertigungsmethoden, bei denen Material abgetragen oder umgeformt wird, baut die additive Fertigung Teile schichtweise, basierend auf digitalen 3D-Modellen auf. Dies bietet zahlreiche Vorteile, darunter Gestaltungsfreiheit, effizientere Materialausnutzung, schnellere Prototypenentwicklung und eine On-Demand-Produktion. Diese Vorteile ließen die additive Fertigung zu einer attraktiven Option für viele Branchen und Anwendungen werden.

Ursprünglich wurde die additive Fertigung vor allem für die schnelle und kostengünstige Herstellung von Prototypen genutzt, um Designs zu testen und zu verfeinern. In den letzten Jahren hat sich die Technologie jedoch erheblich weiterentwickelt und ist nun in der Lage, komplexe und funktionsfähige Endbauteile herzustellen. Additive Technologien bieten mittlerweile ein enormes Potenzial für die Herstellung von Umformwerkzeugen, insbesondere für Schmiedegesenke. Traditionelle Warmarbeitsstähle, die üblicherweise für die Herstellung von Schmiedegesenken verwendet werden, neigen während des AM-Prozesses aufgrund der komplexen thermischen Zyklen zur Rissbildung. Dies hat die Forschung und Entwicklung in Richtung maraging- und ausscheidungshärtender Stähle wie 17-4PH gelenkt, die sich durch eine bessere Eignung für additive Fertigungsprozesse auszeichnen. Durch den Einsatz additiver Fertigung können Schmiedegesenke endkonturnah gefertigt werden, wodurch die Notwendigkeit umfangreicher Zerspanungsarbeiten entfällt.
 

Ermüdungseigenschaften des additiv gefertigten Materials

Die Ermüdungsbeständigkeit ist für Schmiedegesenke von entscheidender Bedeutung, da diese Werkzeuge während des Betriebs zyklischen Belastungen ausgesetzt sind. Eine hohe Ermüdungsbeständigkeit gewährleistet eine längere Lebensdauer und Zuverlässigkeit der Werkzeuge, was zu Kosteneinsparungen und einer höheren Effizienz im Produktionsprozess führt.

Um die Ermüdungseigenschaften von additiv gefertigten Proben zu untersuchen, wurden am Fachgebiet Hybride Fertigung der BTU Cottbus-Senftenberg Proben aus dem Stahl 17-4PH mit zwei verschiedenen additiven Fertigungsverfahren hergestellt: selektives Laserschmelzen (LPBF, engl. Laser Powder Bed Fusion) und Lichtbogenauftragschweißen (WA-DED, engl. Wire Arc Direct Energy Deposition). In Abbildung 1 sind die Maschinen für das jeweilige Verfahren und die hergestellten Proben aus dem Werkstoff 17-4PH dargestellt. Die Proben wurden anschließend auf ihre Ermüdungseigenschaften getestet.

Abbildung 2: Resonanzprüfmaschine (a) und Wöhlerkurven der getesteten Proben (b). Copyright: Fachgebiet Hybride Fertigung, BTU Cottbus.

Die Wöhler-Diagramme (S-N-Kurven) der bei 200°C getesteten Proben illustrieren die Beziehung zwischen der Anzahl der Lastzyklen bis zum Versagen (N) und der Spannungsamplitude (S) für beide Herstellungsverfahren (siehe Abbildung 2).

Die Anisotropie der Ermüdungseigenschaften ist bei beiden Verfahren kaum ausgeprägt, was sich in nahezu identischen Werten der in 0° und 90° zur Aufbaurichtung getesteten Proben widerspiegelt. Dennoch zeigen die Ermüdungswerte deutlich, dass die LPBF-Proben signifikant bessere Ermüdungseigenschaften aufweisen als die WA-DED-Proben.
 

Materialeffizienz der additiv gefertigten Schmiedegesenke

Bei der konventionellen Herstellung von Schmiedewerkzeugen aus massiven Stahlblöcken wird oft mehr Material verwendet, als für die tatsächlichen Belastungen erforderlich ist. Die additive Fertigung bietet hier entscheidende Vorteile, indem sie eine gezielte und materialeffiziente Gestaltung und anschließende Fertigung ermöglicht. Ein vielversprechender Ansatz zur Optimierung der Materialeffizienz ist die Verwendung von bionischen Strukturen.

Am Fachgebiet Hybride Fertigung wurden Schmiedegesenke entwickelt, die durch hohle, mit Rippen verstärkte Strukturen charakterisiert sind. Diese Strukturen ahmen die Natur nach (vgl. Wabenstrukturen), um maximale Festigkeit bei minimalem Materialeinsatz zu gewährleisten. In Abbildung 3 ist der Vergleich zwischen einem konventionell gefertigten und einem bionisch konstruierten Schmiedegesenk dargestellt. Ein solches Schmiedegesenk kann besonders effizient durch additive Fertigung hergestellt werden, da diese Technik (insbesondere LPBF) die exakte Gestaltung und Umsetzung komplexer Geometrien ermöglicht.

Um sicherzustellen, dass die additiv gefertigten Werkzeuge den Prozessbelastungen standhalten, wird der Schmiedeprozess numerisch simuliert. Diese Simulation identifiziert die kritischen Belastungsbereiche im Werkzeug. Basierend auf diesen Daten kann eine Topologieoptimierung durchgeführt werden, die das Design des Werkzeugs so anpasst, dass Material nur an den tatsächlich benötigten Stellen eingesetzt wird. Diese optimierte Gestaltung reduziert nicht nur das Gewicht der Werkzeuge erheblich, sondern auch die Materialkosten und die Herstellungsdauer. Die Materialeffizienz der additiv gefertigten Schmiedegesenke wird somit maximiert, ohne wesentliche Kompromisse bei der Festigkeit und Haltbarkeit einzugehen.
 

Zusammenfassung

Auf Basis der durchgeführten Untersuchungen lässt sich festhalten, dass beide additiven Fertigungsverfahren grundsätzlich für die Herstellung von Schmiedegesenken aus 17-4PH geeignet sind. Im Vergleich zum LPBF haben die mit WA-DED gefertigten Proben zwar eine geringere Lebensdauer, beide Verfahren bieten jedoch zusätzliche Vorteile gegenüber konventioneller Fertigung. Während traditionelle Methoden oft auf umfangreiche Zerspanung des Materials angewiesen sind und mit höherer Materialverschwendung verbunden sind, ermöglichen die additiven Verfahren eine endkonturnahe Fertigung und eine optimierte Materialausnutzung. Die LPBF-Technologie bietet sich aufgrund der deutlich höheren Ermüdungslebensdauer des hergestellten Materials besonders für die Fertigung von Schmiedegesenken für größere Serien oder höhere Leistung der Werkzeuge an. Im Gegensatz dazu eignet sich das WA-DED eher für Prototypenwerkzeuge bzw. Schmiedegesenke für Kleinserienfertigung und bietet den Vorteil eines nahezu unbegrenzten Bauraums. Dies macht dieses Verfahren für die Herstellung größerer Umformwerkzeuge vorteilhaft, auch wenn der Werkstoff eine geringere Lebensdauer im Vergleich zum LPBF aufweist. Somit sind beide additiven Verfahren für unterschiedliche Anforderungen und Anwendungsbereiche geeignet und bieten ein großes Potenzial für die anspruchsvolle Fertigung von Schmiedegesenken.

Abbildung 3: Konventionelle Schmiedegesenke (a) und gewichts- sowie materialoptimierte Schmiedegesenke für die additive Fertigung (b). Copyright: Fachgebiet Hybride Fertigung, BTU Cottbus.

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Über den Autor:

Prof. Dr. Sebastian Härtel, Fachgebietsleiter für Hybride Fertigung, Institut für Verfahrenstechnik und Werkstoffe, Brandenburgische Technische Universität Cottbus - Senftenberg

Prof. Sebastian Härtel studierte Maschinenbau an der TU Chemnitz und promovierte 2013 auf dem Gebiet der experimentellen und numerischen Verfahrensentwicklung. Im Jahre 2014 übernahm er die Leitung des Forschungsbereichs für alternative Fertigungstechnologien der Professur Virtuelle Fertigungstechnik an der TU Chemnitz. Außerdem ist Dr. Härtel seit 2017 Leiter des Steinbeis-Forschungszentrums für Fertigungs- und Werkstofftechnologie sowie des Steinbeis-Innovationszentrums für Fertigungsprozesse und Werkstoffanwendungen. Seit 2021 leitet Prof. Härtel das Fachgebiet für Hybride Fertigung an der BTU Cottbus. Er ist Experte auf dem Gebiet der Fertigungstechnik, insbesondere im Bereich der numerischen Prozesssimulation.