Qualitätsanforderungen an Schweißnähte und deren Umsetzung im
automatisierten Schweißprozess


Schweißen ist eine unverzichtbare Verbindungstechnik, die in nahezu jeder Konstruktionsabteilung vorgesehen wird. Sie ermöglicht das Zusammenfügen von Einzelteilen, die zwar konstruktiv zueinander gehören, jedoch nicht aus einem Stück gefertigt werden können.

Für die Nutzenden geschweißter Produkte steht die Schweißtechnik selbst oft im Hintergrund; entscheidend ist, dass das Produkt seine Funktion sicher erfüllt. Ob Fahrzeuge, Baugerüste, Schiffe, Brücken oder Industriegetriebe – die Schweißtechnologie ist allgegenwärtig, auch wenn sie selten bewusst wahrgenommen wird.

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Schweißtechnik rasant weiterentwickelt und nimmt heute eine Schlüsselrolle in der Maschinenbauindustrie ein. Effektive schweißtechnische Lösungen und die Optimierung von Nebenzeiten, die einen Großteil der Fertigungszeit beanspruchen, sind zentrale Herausforderungen für Konstruktion, Arbeitsvorbereitung und Fertigung. Kostensenkungen durch die Reduzierung von Nebenzeiten, die Erhöhung der Lichtbogenbrennzeit und die Minimierung von Fehlern sind wesentliche Ziele.

Daher sollten Qualitätsanforderungen an Schweißnähte möglichst früh im Konstruktionsprozess festgelegt werden. Der Zusammenhang zwischen den Kosten und der Qualität von Schweißnähten ist komplex und folgt oft einer nichtlinearen Beziehung.

  1. Qualitätsanforderungen und Kostensteigerung: Qualitätsanforderungen an Schweißnähte, wie z.B. höhere Schweißnahtgüte   nach ISO 5817 oder geringere Toleranzen nach ISO 13920, sind in der Regel durch den Einsatz  fortschrittlicherer Technologien,   Materialien und Prozesse prozesssicherer herzustellen. Dies führt allerdings zu höheren Kosten aufgrund des Bedarfs an   spezialisierten Geräten, strengeren Überwachungs- und Kontrollverfahren sowie besser ausgebildetem Fachpersonal.
  2. Fehlerkosten und Qualitätskosten: Wenn die Qualität einer Schweißnaht nicht den erforderlichen Standards entspricht, können   die Folgekosten erheblich sein. Mangelhafte Schweißnähte können zu strukturellen Schwächen führen, was Nacharbeiten,   Reparaturen oder sogar Produktausfälle nach sich zieht. Diese Fehlerkosten übersteigen häufig die zusätzlichen Investitionen,   die für eine höhere anfängliche Qualität erforderlich gewesen wären.
  3. Wirtschaftlichkeit durch Automatisierung: Automatisierte Schweißverfahren können die Produktionskosten senken und   gleichzeitig die Qualität verbessern. Zwar erfordert die Einführung automatisierter Systeme eine erhebliche Anfangsinvestition,   doch amortisieren sich diese Kosten durch reduzierte Fehlerquoten und verbesserte Effizienz über die Zeit.
  4. Optimales Gleichgewicht: In der Praxis wird oft ein Kompromiss zwischen Kosten und Qualität angestrebt. Die   Herausforderung besteht darin, ein optimales Gleichgewicht zu finden, bei dem die Schweißnähte die geforderte Qualität auf   kosteneffiziente Weise erfüllen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine höhere Qualität der Schweißnähte in der Regel mit höheren Kosten verbunden ist, aber auch dazu beiträgt, langfristige Kosten durch Fehler und Nacharbeiten zu reduzieren. Daher ist es stets von Vorteil, über bestehende Einzellösungen in der Fertigung hinauszublicken – insbesondere, wenn diese lange Zeit im Einsatz sind. Moderne Produkte und hohe Qualitätsanforderungen erfordern den Einsatz effektiver Lösungen und die Optimierung von Nebenzeiten, die in vielen Schweißbetrieben mehr als die Hälfte der Fertigungszeit ausmachen.

Das 80-20-Pareto-Prinzip ist vielen bekannt und wird oft angewendet. Doch was passiert, wenn Sie sich bei der Planung des Schweißprozesses mit 80 Prozent Funktionalität zufriedengeben, weil Sie glauben, die restlichen 20 Prozent würden die Kosten unverhältnismäßig in die Höhe treiben? In diesen verbleibenden 20 Prozent könnte jedoch Ihr sicherer Return on Investment liegen – durch Reduzierung der Nebenzeiten, Erhöhung der Lichtbogenbrennzeit, Minimierung von Fehlern und Optimierung der Bedienung.

In den letzten Jahren haben technologische Fortschritte die Effizienz und Qualität des Schweißens erheblich verbessert. Dazu gehören:

  • Automatisierung und Robotik: Schweißroboter werden zunehmend in der industriellen Fertigung eingesetzt, um die Produktivität zu steigern und die Qualität zu verbessern.
  • Prozessüberwachung und -steuerung: Moderne Schweißmaschinen sind mit Sensoren und KI-gesteuerten Systemen ausgestattet, die den Schweißprozess in Echtzeit überwachen und anpassen können, um optimale Ergebnisse zu gewährleisten.
  • Materialwissenschaften: Die Entwicklung neuer Legierungen und Materialien, die speziell für das Schweißen optimiert sind, hat die Möglichkeiten der Schweißtechnik erweitert.

Oft hört man den Satz: „Never change a running system.“ Doch in Wahrheit ist es die Produktivität, die unseren technologischen Fortschritt antreibt. Daher ist es unerlässlich, immer auf dem neuesten Stand zu bleiben! Intelligente, automatisierte Schweißverfahren können diesen Zusammenhang zugunsten einer verbesserten Effizienz und Qualität beeinflussen. Durch die Automatisierung des Schweißprozesses können Unternehmen ihre Produktionskosten senken und gleichzeitig die Qualität erhöhen. Dies ist insbesondere in Hochlohnländern von Vorteil, wo der Einsatz von Schweißrobotern die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt sicherstellt.

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Über den Autor:

Oliver Werche, Projektingenieur bei PROvendis, Mülheim

Seminarleiter und Berater für Konstruktionstechnik mit mehrjähriger Industrieerfahrung in leitenden Positionen (Projektleiter und Vertriebsgebietsleiter der Flender AG, Bocholt; anschließend Hauptkonstrukteur der TEB GmbH, Wetter; danach Projektleiter an der TU Dortmund). Herr Werche ist seit 2001 Seminarleiter zum Thema „Schweißgerechtes Konstruieren“ und er hat mehr als 200 Seminare erfolgreich durchgeführt.

Literatur:

  • DIN EN ISO 2553, Ausgabe: 2022-07: Schweißen und verwandte Prozesse – Symbolische Darstellung in Zeichnungen
  • DIN EN ISO 5817, Ausgabe: 2023-07: Lichtbogenschweißverbindungen an Stahl, Richtlinie für die Bewertungsgruppen von Unregelmäßigkeiten
  • DIN EN ISO 13920, Ausgabe: 2023-08: Schweißen – Allgemeintoleranzen für Schweißkonstruktionen – Längen- und Winkelmaße; Form und Lage