Stirnradgetriebe – Dimensionierung, Gestaltung, Optimierung

Stirnradgetriebe – Dimensionierung, Gestaltung, Optimierung

Einleitung

Die anwendungs- und fertigungsgerechte Auslegung und Gestaltung von Stirnradgetrieben hat wesentlichen Einfluss auf die zuverlässige Funktion und die Kosten von Maschinen und Anlagen.

Dabei gilt es im heutigen Wettbewerb die Anforderungen an Kosten- und Bauraumlimitierungen, aber auch gestiegene Forderungen an das Geräusch- und Schwingungsverhalten einzuhalten. Die Entwicklung moderner Antriebstränge setzt deshalb grundlegendes Wissen der Verzahnungsauslegung, -berechnung und -fertigung voraus.

Die Themenschwerpunkte des Seminars sind:

  • Grundlagen der Stirnradverzahnungen: Beschreibung der Geometrie, ­Kräfte an Zahnrädern, Kinematik einer Stirnradstufe
  • Werkzeuge und Methoden zur sicheren Auslegung von Stirnrad­verzahnungen
  • Optimale Gestaltung von Zahnrädern und Getriebestufen
  • Tribologische Aspekte bei der Auslegung von Zahnradgetrieben
  • Gezielte Optimierung von Verzahnungen: Lebensdauer, Geräusche (NVH)
  • Strategien zur Vermeidung sowie effektive Gegenmaßnahmen bei Schäden an Stirnradgetrieben

Stirnräder – Geometrie, Berechnung und Gestaltung

In einem ersten, grundlegenden Themenschwerpunkt wird die Geometrie der gerad- und schrägverzahnten Stirnräder mit Evolventenprofil erarbeitet. Dabei werden neben den grundlegenden Begriffen wie z.B. Modul, Profilverschiebung und Unterschnitt, auch komplexerer Zusammenhänge praxistauglich hergeleitet und erläutert.

Die genaue Kenntnis der Verzahnungsgeometrie bildet dann später die Basis für eine kostengünstige Fertigung oder ist Ausgangspunkt für weiterführende Optimierungsrechnungen. Ein Ausblick auf Sonderverzahnung und spezielle Ausführungen wie Unrundräder und Besonderheiten bei Umlaufrädergetrieben (Planetengetriebe) runden diesen Schwerpunkt ab.

Ausgehend von einer Analyse möglicher Verzahnungsschäden wie Zahnfußermüdungsbruch, Zahnflankenschäden (Grübchen bzw. Graufleckigkeit), (Warm-)Fressen sowie Verschleiß werden die erforderlichen Berechnungsmethoden und Einflussgrößen hergeleitet und intensiv diskutiert.

Basis für die Dimensionierung und Berechnung von Stirnrädern bildet hierbei die aktuelle DIN3990. Im Seminar werden die geometrischen, mechanischen sowie werkstoffmechanischen Einflussgrößen auf die Beanspruchung und die Beanspruchbarkeit des Zahnfußes und der Zahnflanke hergeleitet, die dann letztendlich in den entsprechenden Tragfähigkeitsnachweisen gegen Zahnfußermüdungsbruch sowie gegen Grübchenbildung (Pittings) einfließen. Die Bewertung des (Warm-)Fressens wird besprochen und anhand zweier Berechnungsverfahren, dem Blitztemperatur- sowie dem Integraltemperaturverfahren näher erläutert.

Die Gestaltung einer Stirnradstufe selbst, aber auch die Gestaltung des Getriebegehäuses beeinflussen wesentlich die Kosten aber auch das mechanische Verhalten (besonders Schwingungsverhalten) des gesamten Getriebes. Grundlegende Kenntnisse in der konstruktiven Gestaltung von Getrieben sind deshalb zwingend für den Praktiker notwendig. Neben konstruktiven Aspekten spielt auch die Auswahl geeigneter Werkstoffe für die Zahnräder und Gehäuse eine wesentliche Rolle. Ausgehend von den Zahnradwerkstoffen werden wichtige Zusammenhänge zur Fertigung, Wärmebehandlung sowie zur Berechnung von Stirnrädern aufgezeigt.

Fertigung von Stirnrädern

Die Fertigungsmöglichkeiten von Stirnrädern ist ein weiterer zentraler Themenschwerpunkt. Verschiedenste wirtschaftliche (Stückzahl, Kosten,…) aber auch technische (Fertigungsabweichungen, Rauheiten,…) Anforderungen bedingen unterschiedliche Fertigungsmöglichkeiten.
Neben den klassischen spanenden Herstellverfahren für Verzahnungen wie Räumen, Stoßen, Hobeln und besonders Wälzfräsen werden auch umformende Verfahren wie Verzahnungswalzen sowie additive Verfahren wie Urformen (Gießen, Spritzgießen und Sintern) näher betrachtet und deren Vor- und Nachteile erläutert.
Für spezielle Anforderungen wie z.B. niedriges Geräusch sind zusätzliche Fein- und Feinstbearbeitungen der Zahnflanke (Schleifen, Läppen, Hohnen) notwendig. Praxisrelevante Themen wie Schleifkerben, Schleifbrand und Protuberanzfräsen werden ebenso diskutiert wie die möglichen (ungewollten) Verzahnungsabweichungen.

Schmierung und Wirkungsgrad von Zahnradstufen

Eine optimale Getriebeschmierung trägt wesentlich zur Steigerung der Lebensdauer, Reduzierung von Verschleiß, Dämpfung von Schwingungen sowie zu einer Verbesserung des Wirkungsgrades bei. Das Wissen um die wichtigsten Getriebeschmierstoffe mit deren Vor- und Nachteilen sowie den möglichen Anwendungsgebieten und Getriebeschmierverfahren ist deshalb sehr wichtig.

Optimierung von Verzahnungen

Zur Optimierung einer Verzahnung ist es zunächst wichtig das Optimierungsziel genau zu definieren. Neben der Steigerung der Zahnfuß- und Zahnflankentragfähigkeit spielt besonders in Komfortanwendungen das Thema Schwingungsverhalten und Geräusch (NVH) eine wesentliche Rolle. Zur schwingungstechnischen Bewertung einer Zahnradstufe hat sich u.a. der Zahnkraftpegel etabliert. Dieser wird näher betrachtet und hierzu werden die wichtigsten Einflussgrößen vorgestellt und deren Auswirkung diskutiert.

Neben den gewollt eingebrachten Verzahnungsmodifikationen wird auch die Möglichkeit einer Hochverzahnung vorgestellt. Der Themenschwerpunkt wird abgerundet durch die Vorstellung von geeigneten Simulationswerkzeugen zur Optimierung der Zahnflanke und deren Auswirkung auf das Schwingungsverhalten und evtl. mögliche Geräuschentstehung. Weiterhin werden die wichtigsten Prüfstände zur Überprüfung und Validierung von Verzahnungen vorgestellt.

Autor:
Prof. Dr.-Ing. Frank Forbrig, Professor für Maschinenelemente, Fakultät Kraftfahrzeugtechnik, Westsächsische Hochschule Zwickau