Nachträge souverän prüfen und verhandeln: Was Auftraggeber wissen müssen
Nachträge sind ein häufiger Streitpunkt in Bauprojekten. Für Auftraggeber ist es entscheidend, die Nachtragskalkulationen fachgerecht zu prüfen und in Verhandlungen souverän aufzutreten. Der Beitrag erläutert, wie fundierte Prüfung und strukturierte Verhandlungsführung zu fairen Preisen und kalkulierbaren Baukosten führen.
Nachträge – Herausforderung für Bauherren
Bauprojekte verlaufen selten exakt nach Plan. Änderungen oder zusätzliche Leistungen führen häufig zu Nachträgen, die mit Mehrkosten verbunden sind. Für Auftraggeber bedeutet das: Sie müssen bewerten, ob die geltend gemachten Forderungen angemessen sind.
Die Urkalkulation als Maßstab
In der Praxis werden Nachtragsforderungen sehr häufig auf Grundlage der Urkalkulation erstellt. Diese ursprüngliche Preisermittlung aus dem Angebot dient dann als Basis für eine sogenannte Preisfortschreibung. Um prüfen zu können, ob die so ermittelten Nachtragsforderungen angemessen sind, muss der Prüfende die Fortschreibung der Urkalkulation zum Nachtrag nachvollziehen können. Dabei ist entscheidend, dass die angewandten Kalkulationsansätze und Zuschläge denen aus der Urkalkulation entsprechen.
Worauf bei der Prüfung zu achten ist
Eine fachgerechte Nachtragsprüfung analysiert die Nachtragsunterlagen unter folgenden Gesichtspunkten:
- Kalkulationslogik: Stimmen Struktur und Zuschläge mit der Urkalkulation überein?
- Ansatz von Löhnen, Materialien, Geräten: Sind die Preisbestandteile nachvollziehbar?
- Zeitansätze: Wurden realistische Bauzeiten kalkuliert oder sind Puffer versteckt?
- Dokumentation: Wurde die Änderung technisch nachvollziehbar und prüffähig dargestellt?
Nur eine prüffähige Nachtragskalkulation kann Grundlage für eine sachliche Verhandlung sein. Fehlen Unterlagen oder sind sie intransparent, sollten Auftraggeber eine Nachbesserung verlangen.
Verhandlung auf Augenhöhe
Die Prüfung ist das Fundament – doch die Entscheidung fällt oft in der Verhandlung. Dabei ist es entscheidend, dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer auf Augenhöhe begegnen kann. Dazu muss er die Systematik der Urkalkulation verstehen und die darauf basierende Preisfortschreibung nachvollziehen können. Nur wer die Kalkulationslogik versteht, kann in der Verhandlung gezielt argumentieren, Positionen hinterfragen und Alternativen anbieten.
Eine strategische Preisverhandlung ist dabei besonders wirkungsvoll. Durch die gezielte Prüfung einzelner Preiselemente in der Nachtragskalkulation lassen sich Schwachstellen oder Überhöhungen identifizieren. So kann die Nachtragsvergütung differenziert und sachlich diskutiert werden. Das ermöglicht eine einvernehmliche Einigung auf eine wirtschaftlich und fachlich angemessene Lösung.
Empfehlenswerte Strategien:
- Zielklarheit: Welches Ergebnis ist technisch und wirtschaftlich vertretbar?
- Faktenbasiert argumentieren: Preiselemente gezielt ansprechen, Nachvollziehbarkeit fordern.
- Konstruktiv bleiben: Alternativen vorschlagen, gemeinsame Lösungen suchen.
Eine strukturierte, sachliche Verhandlung stärkt die Position des Auftraggebers und fördert ein partnerschaftliches Miteinander.
Risiken vermeiden – Kontrolle behalten
Ungeprüfte oder intransparent verhandelte Nachträge gefährden Termin- und Kostenziele. Auftraggeber*innen sind deshalb gut beraten, die Nachtragsprüfung methodisch abzusichern und mit kalkulatorischem Wissen in die Verhandlung zu gehen. Dies schafft Verhandlungssicherheit und schützt vor wirtschaftlichen Überraschungen.
Fazit
Nachtragsforderungen gehören zum Baualltag – doch sie bergen erhebliche finanzielle Risiken. Ihre unkritische Übernahme darf es nicht geben. Wer als Auftraggeber die Nachtragskalkulation auf Basis der Urkalkulation nachvollzieht und die Preisfortschreibung versteht, kann Nachträge souverän prüfen und verhandeln. Der Schlüssel liegt in technischer Kompetenz, Transparenz und partnerschaftlicher Kommunikation.